Ein Neues System No. 4 kostet 24 Mark, No. 7 wird
zu 32 Mark berechnet. Mithin kostet dieses Mikroskop in der vorgestellten
Ausrüstung 296 Mark im Jahre 1885. Ein wenige Monate später
produziertes Mikroskop No. VIII.A. mit Charnier
zum Umlegen wird in dieser Sammlung ebenfalls gezeigt.
Im "Preisverzeichniss der Mikroskope und mikroskopischen
Neben-Apparate von E.Hartnack" vom Oktober 1894 wird dieses Stativ nun
mit einer Teilung der Mikrometerschraube und einem moderneren Objektivrevolver
weiterhin geführt als:
Nr. V. verbessert nach den Angaben von Professor Babuchin.
Dasselbe zeichnet sich vor allen früheren Instrumenten durch grosse
Einfachheit, Solidität und Leichtigkeit im Gebrach des Condensors und
der Lichtregulierung aus.
Der Hauptvortheil und Verbesserung biete der unter der Tischplatte befindliche
Condensorträger, ein ringförmiger Apparat, welcher den genau
centrierbaren Abbé'schen Condensor mit Apertur 1,40 mit Blendvorrichtung
trägt. Letztere, eine an einem Schieber befestigte Irisblende ist in
eine Schlittenvorrichtung unterhalb des Condensorträgers eingeschoben
und ist ausserdem um die Axe des Instruments drehbar. Ein seitlich am
Blendungsschieber angebrachter Knopf dient dazu:
1. den Blendungsschieber mehr oder weniger aus
dem Schlitten zu ziehen und
2. ev. denselben in dieser Stellung um die Mikroskopaxe zu drehen, so dass
das Object von allen Seiten her schief beleuchtet werden kann.
Auf Wunsch kann dieser Knopf auch als Axe mit einem kreissegmentförmigen
Trieb in Verbindung gebracht werden, um so die Lichtöffnung von 1-30
mm zu differenziren, was sonst mittels eines kleinen am Rande angebrachten
Griffes aus freier Hand geschieht.
Der Condensorträger steht vermittelst eines Armes in Verbindung mit
einem seitlich unter der Tischplatte angebrachten Zapfen, auf welchem er
durch einen eigenthümlichen Schraubenmechanismus senkrecht auf- und
niederzubewegen und um welchen er in der Horizontalen drehbar ist, um ein
bequemes Auswechseln des Condensors mit der Cylinderblendung zu
ermöglichen.
Der Spiegel ist gegenüber dem früheren vergrössert und nach
allen Seiten frei beweglich.
Die Entfernung von der Mitte der Tischöffnung bis zum Sockelstück
des Prismas beträgt 6 cm und die Höhe der Tischplatte 11 cm, dieselbe
kann auf Wunsch durch einen prismatischen Auszug in der Charniersäule
bis auf 15 cm erhöht werden.
Durch diese Construktion ist die Möglichkeit gegeben, anderweitige
umfangreiche Nebenapparate, wie den Engelmann'schen Spektralapparat oder
den Polarisationsapparat in den Blendungsschieber einzuschalten. Bei dem
Polarisationsapparat können beide Prismen sowie der Gips- und
Glimmerplättchen unabhängig voneinander gedreht werden. Der Auszug
und der Mikrometerknopf sind mit Theilung versehen. Ist die Säule des
Instruments ohne Auszug, so hat sie die Form wie die des Stativs VI [und
des "Neuen Stativs" von 1885; Anmerkung des Verfassers].
Preis des Stativs mit Condensor und Irisblende, Charnier zum Umlegen ...
M. 216,-
Preis des Stativs mit der sehr gebräuchlichen Zusammenstellung, Systemen
4, 7, I hom. Immers., 2 Ocularen, Revolver für 2 Systeme
(Vergrösserungen 650 oder 100, je nach Wahl der Oculare) ... M. 433,-
Preis des Stativs ohne Charnier zum Umlegen, weniger .. .M. 20,-
Prismatischer Auszug in der Charniersäule ... M. 20,-
Trieb an der Irisblendung ... M. 4,-
Nach dieser Beschreibung wird die sehr ungewöhnliche Art
der Verstellung der Irisblende über einen Trieb auf ein Kreissegment
auch noch 10 Jahre später gelistet.
Zeiss biete ebenfalls 1885 erstmals ein Stativ
nach Professor Babuchin an.
Edmund Hartnack wird am 9. April 1826 zu Templin in der Uckermark
geboren und lernt 1842 - 1847 in Berlin das Mechanikerhandwerk bei Wilhelm
Hirschmann senior (1777 - 1847), welcher seinerseits mit
Schiek und Pistor zusammengearbeitet hat.
1847 kommt Hartnack zu Heinrich Daniel Rühmkorff (1803-1877) nach Paris
und geht später zu
Oberhäuser. Dieser nimmt ihn 1854
als Teilhaber auf. Hartnack heiratet Johanna Maria Louise Kleinod, die Nichte
Oberhäusers und übernimmt das Geschäft 1864, aus welchem sich
sein früherer Chef mehr und mehr zurückgezogen hat.Im Jahr 1864
tritt der aus Polen geflüchtete Professor Adam Prazmowski (1821
1888) dem Unternehmen bei. 1863 ist der frühere Assistent der Warschauer
Sternwarte und Teilnehmer an diversen Expedition zur Beobachtung von
Sonnenfinsternissen und zur Gradmessung aus politischen Gründen nach
Paris gegangen. 1878 wird Prazmowski Eigentümer der Werkstätte;
nach seinem Tode 1885 übernehmen seine Meister Bézu & Hausser
die Werkstätte und verkaufen diese 1896 schließlich an Alfred
Nachet.
Hartnack muss jedoch auf Grund des
deutsch-französischen Krieges 1870 Frankreich verlassen und wirkt fortan
in Potsdam weiter, wo er am 9. Februar 1891 stirbt.Hartnack wird bekannt
für die hohe Qualität seiner Objektive, u.a. führt er die
Wasserimmersion No. 11 im Jahre 1859 ein und ist damit kurze Zeit führend
im Auflösungsvermögen, mit einer numerischen Apertur von 1,05.
Er hat stets ein offenes Ohr für die mit seinen Mikroskopen arbeitenden
Forscher. Auf der Weltausstellung 1862 in London gewinnt Hartnack eine Medaille
für die allgemeine Qualität seiner Mikroskope von denen es heißt:
"Sie gleichen im Wesentlichen dem Oberhäuserschen Modell, bei der der
Mikroskopkörper auf einer hohlen, zylindrischen Basis steht, deren Oberseite
als Objekttisch fungiert." Die Hartnack'schen Objektive hält man im
London jener Zeit zweifelsohne für die besten aus nicht-englischer
Fertigung. Hartnack verwendet ferner Wasserimmersion bevor diese Technik
auf den britischen Inseln Einzug hält.
Wegen seiner Verdienste um die Medizin durch Bau und Vertrieb
seiner Mikroskope wird er 1868 zum Ehrendoktor der medizinischen Fakultät
Bonn ernannt; die preußische Regierung verleiht ihm 1882 den
Professorentitel. In eben diesem Jahr bestätigt Prof. Fritsch: "Hartnack
scheint mit seinen homogenen Imm.-Systemen Zeiss überflügelt zu
haben. Hartnacks Bakterienmikroskop ist in ärztlichen Kreisen weit
verbreitet und hoch anerkannt."
Im Jahre 1885 befindet sich die Werkstätte in der Waisenstrasse 39,
Potsdam.
Im Alter bietet Hartnack seinem Mechanikermeister Franz Gresitza
die Übernahme der Firma an. Jener lehnt jedoch mangels eigenem
Vermögen ab und folgt lieber dem Ruf nach Jena, wohin ihn Ernst Abbes
sozialpolitische Bestrebungen locken. So geht die angesehene Firma Hartnack
nach dem Tode des Inhabers einem wechselseitigen Schicksal entgegen. |