Schlittenmikroskop als großes Gehirnschnittmikroskop nach E. Nebelthau, Ernst Leitz um 1905. Das Mikroskop ist gefertigt aus vernickeltem, schwarz und klar lackiertem Messing, Stahl und Gußeisen. Die Beleuchtung des Präparats erfolgt über einen sehr großen rechteckigen Planspiegel. Während der Tisch des Mikroskops über einen Zahntrieb relativ orthogonal zum Benutzer verschoben werden kann, ist der Tubus auf einer Brücke montiert und kann über einen Schneckentrieb und zwei Kurbeln parallel zum Benutzer bewegt werden. Die grobe Einstellung des Objektivs erfolgt über einen Zahntrieb, die feine über einen Schneckentrieb, der über dem Objektiv angebracht ist und eigens für dieses Stativ eingeführt wird. Die Tubusaufnahme mit dem Zantriebkasten ist über eine Schwalbenschwanzführung an der Brücke und ihrem Reiter fixiert, alternativ zum Mikroskoptubus kann diese Führung einen Lupenhalter für eine grobe Durchmusterung des Präparats aufnehmen.
Das Instrument trägt auf der Gleitschiene die schlichte Signatur E. Leitz Wetzlar Mit abmontierten Kurbeln und abgenommenen Tubus wird das Mikroskop im Kasten aufbewahrt. |
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Bereits im Leitz-Katalog aus dem Mai 1897 wird dieses Instrument kommerziell
angeboten, hier heißt es (Ernst Leitz Optische Werkstätte Wetzlar:
Mikroskope. Nr. 37. Wetzlar 1897: 40-41):
Schlitten-Mikroskop nach Dr. E. Nebelthau (s. Zeitschr. für wissensch. Mikr. Bd. XIII, 1896.)
Nr. 31. Das Schlitten-Mikroskop stellt ein Instrument dar, mit welchem
grösste mikroskopische Schnitte, insbesondere Hirnschnitte, durchmustert
werden können. Auch für die Durchsuchung von Platten. und
Schalenculturen wird das Instrument gute Dienste leisten. Preis des Schlitten-Mikroskops ohne Objective und Oculare..300.- Mark. Flache Glasschale von der Grösse des Objecttisches zur Aufnahme sehr grosser Schnitte und Untersuchung derselben in einer aufhellenden Flüssigkeit 3.- Mark |
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Im folgenden Katalog aus dem Jahre 1899 wird das Instrument in gleicher
Ausstattung, jedoch für nur 200.- Mark geführt. Nahezu
unverändert wird dieses Mikroskop noch 1929 und damit über 30 Jahre
nach seiner Einführung wie folgt angeboten (Leitz: Mikroskope
Nr. 50 A d. Januar 1929. Schnitzlersche Buchdruckerei, Wetzlar: 85):
Schlitten-Mikroskop nach Nebelthau. Stativ zum Durchmustern größter mikroskopischer Schnitte, insbesondere Hirnschnitte, Platten- und Schalenkulturen. Stativ mit seitlicher Verschiebung durch eine Spindelführung; mit Markierung zum Ablesen der Bewegung, die 18 cm beträgt; Tubusträgerstück mit Schwalbenschwanzführung und Klemmvorrichtung, an dem nach Zwischenschaltung eines Schieberkastens mit Zahntriebbewegung unsere sämtlichen monokularen Tuben sowie die Tuben der binokularen stereoskopischen Präparierinstrumente lt. Sonderliste Nr. 50 C/II auswechselbar verwandt werden können. Am unteren Ende der monokularen Tuben muß zwecks Scharfeinstellung der Objektive für stärkere Vergrößerungen ein Zwischenstück mit Korrektionsschraube gebraucht werden. Objekttisch mit 16 x 20 cm großer Glasplatte, vor. und rückwärts durch Zahntrieb auf Gleitschienen verschiebbar, gleichfalls mit Markierung zum Ablesen der Bewegung von 13,5 cm; großer rechteckiger Spiegel ohne Schrank*). Schlitten-Mikroskop nach Nebelthau ohne Schieberkasten, ohne Tubus sowie ohne Optik..486.- Abnehmbarer Schieberkasten mit Zahntrieb..30.- |
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Abnehmbarer monokularer Mikroskoptubus mit Auszug..24.- Zwischenstück mit Korrektionsschraube für das untere Tubusende 10.- Schlittenmikroskop nach Nebelthau mit monokularem Tubus komplett, jedoch ohne Optik und ohne Schrank*)..550.- Auf Wunsch kann die Spindelführung des Schlittenmikroskopes nach Nebelthau mit einer in 100 Teile geteilten Trommel versehen werden, die die Querverschiebung des Tubus auf 1/100 mm genau abzulesen gestattet. Mehrpreis..30.- Gegossene Glasschale von der Größe des Objekttisches zur Aufnahme sehr großer Schnitte..5.- *) Zur Aufbewahrung des Mikroskopes wird eine starke Holzkiste mitgeliefert. Diese Konstruktion eignet sich sehr gut zur Durchmusterung von großen Organschnitten bei schwacher oder mittlerer Vergrößerung. Die Ausführung erlaubt jedoch keine Anwendung eines Beleuchtungsapparates, so dass für hochvergrößernde Arbeiten später ein eigenes Mikroskop zur Untersuchung von Gehirnschnitten von Leitz mit einfachem Kondensor angeboten wird. Johann Eberhard Nebelthau (1864-1914) studiert in Bonn, Marburg, Berlin und Straßburg. Nach seiner Habilitation im Jahre 1894 wird er im Folgejahr Oberarzt und 1898 zum außerordentlichen Professor für Innere Medizin an der Universität Marburg ernannt. 1900 wird er als Direktor der medizinischen Poliklinik an die Universität Halle berufen. Bereits 1907 muss er jedoch aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand treten und verstirbt schließlich knapp 50-jährig in seiner Heimatstadt Bremen (N.N.: Biographische Mitteilungen. Leopoldina 50, 1914: 71). |
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Seine wissenschaftlichen Arbeiten betreffen die Glykogenbildung
in der Leber, die Glycuronsäurebildung und Hämatoporphyrinurie.
Kurz nach Vorstellung des nach ihm benannten Mikroskops veröffentlicht
Nebelthau 33 chromolithografische Tafeln diverser Gehirnschnitte (E. Nebelthau:
Gehirndurchschnitte zur Erläuterung des Faserverlaufs. Verlag
J.F. Bergmann, Wiesbaden 1898). Auch Nebelthaus direkter Nachfolger als Direktor
der Poliklinik in Halle, Leo Mohr, verstirbt sehr jung im Alter von nur 44
Jahren Silvester 1918.
Das hier gezeigte Mikroskop kann im Sommer 2011 aus einem privaten Nachlass in Großbritannien für die Sammlung angekauft werden, leider ist über den Vorbesitzer nichts in Erfahrung zu bringen. Das nahezu baugleiche Mikroskop in der Billings Collection trägt wie das hier gezeigte Instrument keine Seriennummer. Aus dem Antiquitätenhandel ist ein Mikroskop in minimal schlichterer Ausführung mancher Details und mit der Seriennummer 260193 bekannt, die Vermutung liegt daher nahe, dass erst die späteren Schlittenmikroskope eine Nummer tragen. [Referenz: Billings Collection Washington: AFIP 49146 - 60-4713-405 (signiert dort "E. Leitz Wetzlar", Instrument ohne den Feintrieb), Billings Collection Abb. 194] Mein sehr herzlicher Dank für die Vermittlung der kurzzeitigen Leihgabe eines zeitgenössischen Gehirnschnitts zur Fotografie mit dem hier gezeigten Mikroskop gilt Dr. med. Florian Stellmacher! |
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