Großes Zeiss Mikroskop; Stativ I von 1885. Das große Mikroskopstativ besteht aus zaponiertem und geschwärztem beziehungsweise schwarz lackiertem Messing und gebläutem Stahl. Das Instrument verfügt über einen ausziehbaren Tubus, die grobe Einstellung wird über Zahn und Trieb erzielt, der Feinfokus über einen Glockentrieb, der auf eine prismatische Säule wirkt. Das zum Umlegen eingerichtete Mikroskop verfügt über einen kompletten Abbe'schen Beleuchtungsapparat mit gegen den Kondensor zweifach gelagertem Plan- und Konkavspiegel. Der Schlitten zur Aufnahme des vollständig erhaltenen Satzes Aperturblenden kann über Zahn und Trieb dezentriert und über ein Lager gedreht werden. Der gesamte Aufbau des Mikroskops lässt sich um die optische Achse drehen. Alternativ zum Kondensorsystem ist dem Mikroskop eine zentrierbare und ausschwenkbare Kegelblende mit drei zylindrischen Einsätzen beigegeben. Dieser Blendeapparat kann über Zahn und Trieb abgefahren werden. Der zu diesem Blendapparat gehörende zweite Spiegel ist nicht mehr vorhanden. | ||||||
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Die Schatulle nimmt darüber hinaus eine vernicklete Zählplatte
mit der Beschriftung Compte-Microbes von
Cogit Paris auf. Bei Auffinden des Mikroskops
liegt im Holzkasten zusätzlich ein früher Polarisationsapparat
von Zeiss aus Mitte der 1880er, dieser wurde ursprünglich vermutlich
in einem gesonderten Kästchen aufbewahrt und dürfte zusammen mit
dem Instrument ausgeliefert worden sein.
Eine Inventurmarke im Kasten verweist auf einen vorherigen Besitzer dieses Mikroskops: International Research Society * For Geomicrobiology and Soilhygiene. Auf dem Tubus ist das Instrument dekorativ mehrzeilig signiert: Carl Zeiss. Jena. No. 8773 |
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Die
Möglichkeit das Stativoberteil um die optische Achse drehen zu können,
hat folgenden Hintergrund: Die Mikroskopspiegel der großen Instrumente
sind weitgehend außerhalb der Achse verstellbar, so dass je nach Wunsch
sowohl mit zentral einfallendem als auch mit stark schiefen
Beleuchtungsbündeln gearbeitet werden kann. Nach der Einstellung des
Spiegels auf eine bestimmte Strahlenneigung, ist durch die Drehung die
Möglichkeit gegeben, das Objekt unter verschiedenen Azimuten, doch mit
gleichem Einfallswinkel zu beleuchten, ohne dass - wie bei den später
üblichen drehbaren Tischen - eine Nachzentrierung des Objektes nötig
wäre: Dieses bleibt bei der Drehung des kompletten Oberteils stets in
der Mitte des Sehfeldes.
Jene Drehbarkeit der Stativoberteile um die optische Achse wird in den Zeiss-Katalogen für große Stative bis 1891 angeboten. |
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Im "Preisverzeichniss der Mikroskope von Carl Zeiss in Jena" aus dem Jahre 1885 wird das Instrument wie folgt beschrieben:
Nr. 1 Stativ I. Grosses Stativ
mit schwerem Hufeisenfuss, zum Umlegen eingerichtet, mit Drehung des ganzen
Oberkörpers (Tisch sammt Tubus) um die optische Axe. Grobe Einstellung
durch Zahn und Trieb; Mikrometerschraube mit getheiltem Kopf; ausziehbarer
Tubus mit Millimetertheilung am Auszug. Abbe'scher Beleuchtungs-Apparat (No.
18) mit Kondensor-System von 1,20 numerischer Apertur. Ausser diesem, zum
Gebrauch mit einem gewöhnlichen Beleuchtungsspiegel, der an Stelle des
Abbe'schen Beleuchtungs-Apparates eingesetzt werden kann, ein sogn.
Substage-Apparat an drehbarem Arm unter dem Mikroskoptisch, der durch Zahn
und Trieb auf und ab bewegt werden kann, mit Zentrirungs-Vorrichtung für
Zylinder-Diaphragmen und sonstige Einsatzstücke. [...] Nebenapparate. No. 18. 50 Millim. in halbe Millim. getheilt auf einem Objektträger in englischem Format...1.5 M. Vollkreise auf runden Spiegelglasplatten, mit Zentrummarke, als Transporteurs zu gebrauchen: No. 19. Kreis von 80 Mm. Durchmesser, ganze Grade...5 M. [...] No. 21. Neue Camera lucida nach Abbe...30 M. [...] Polarisationsapparate. Das in den früheren Katalogen aufgeführte Analysatorokular nach Abbe und die auf dessen Verwendung begründeten Polarisationseinrichtungen können bis auf Weiteres nicht mehr anfertigen werden, weil die Beschaffung der dazu gehörigen Kalkspathprismen in Folge der Seltenheit guten Kalkspathes neuerdings zu grosse Schwierigkeiten verursacht. Polarisationseinrichtung zum Mikroskop. No. 40. Mit Theilkreis zum Analysator...59 M. [...] No. 51. Revolver für zwei Objektive...20 M. |
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Erstmals erscheinen die Zahn- und Triebbewegungen zum groben
Verstellen des Tubus 1878 standardmäßig - bereits einige Jahre
zuvor sind sie auf besonderen Wunsch angeboten worden. Diese Form wird mit
dem zu gleicher Zeit neu angebotenen Auszugstubus zum Markenzeichen der
großen Zeiss Stative bis ins 20. Jahrhundert.
[Für die weitere technische Beschreibung dieser neu eingeführten groben Einstellung sei auf Referenz Nr. 70 verwiesen] Zu der optischen Ausstattung dieses Mikroskopes können dem Zeiss Verzeichnis von 1885 folgende Daten entnommen werden: |
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Dieses Mikroskop kommt ohne Polarisationsapparat in der vorliegenden
Ausstattung im Jahre 1885 auf 970,50 Mark.
Interessant sind bezüglich der Konstruktion der Stative noch folgende Sätze aus dem Zeiss-Katalog von 1883: Die nachfolgend beschriebenen Stative schließen sich - wie diejenigen fast aller continentalen Werkstätten - ihrer allgemeinen Einrichtung nach dem von OBERHÄUSER eingeführten, durch HARTNACK erfolgreich weiterentwickelten Construktionstypus an. Insofern bieten sie daher nichts Eigenartiges. Dagegen ist das constructive Detail aller wesentlichen Theile an unseren größeren Instrumenten - namentlich der groben und der feinen Einstellung, der Spiegelbewegung und der sonstigen Beleuchtungsvorrichtungen - unserer Werkstätte eigenthümlich, als das Resultat langjähriger eigener Bemühungen um die Vervollkommnung der mechanischen Einrichtung des Mikroskops. Dieses Instrument wird am 27.07.1885 als Stativ I an Dr. Eninger nach Strassburg ausgeliefert. Ausgestattet ist es mit den beiden Objektiven F mit Korrektion und 1/18" Immersion und dem Huygen'schen Okular Nr. 2 sowie den orthoskopischen Okularen 2, 4 und 5. Bei jenem ersten Besitzer handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um Dr.med. Philipp Eninger, der 1880 an der Kaiser-Wilhelms-Universität Strassburg mit der Schrift "Über die Percussion der Knochen" promoviert und auf der 58. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Strassburg vom 17.-23. September 1885 in der Sektion "Hygiene" vorträgt zu "Demonstration der Pläne der Strassburger Wasserleitung und Mittheilung der Resultate der Untersuchung des Wasserleitungswassers". Im Februar 2005 kann dieses Mikroskop aus einer privaten Sammlung in St. Gallen/Schweiz erworben werden, leider ist nicht mehr recherchierbar, wie das Instrument aus Frankreich in die Schweiz gelangte. |
[Vergleiche das um nur eine Seriennummer abweichende Instrument in der Collection of Historical Scientific Instruments at Harvard University, USA: "Zeiss stand I laboratory compound microscope", signiert auf dem Tubus: "Carl Zeiss, / Jena. / No. 8774." mit der Seriennummer ebenfalls im Kasten gestempelt "8774" (das persönliche Mikroskop von Dr. Charles Sedgewick Minot), Inventory Number 1123a sowie "Zeiss stand I laboratory compound microscope", signiert auf dem Tubus: "Carl Zeiss, / Jena. / No. 6643." Inventory Number 1126a; Billings Collection Washington, signiert "Carl Zeiss Jena No. 4187", S.74, Abb.138, AFIP 49134-60-4713-336; Sammlung Henri van Heurck Museum, Mikroskop signiert "Carl Zeiss Jena No. 7185"; The Microscope Collection at the Science Museum London: "Apochromatic Ourfit by Zeiss", signiert "Carl Zeiss / Jena / No 10553", Inventory No. A1888-174 (falsch beschrieben als Stativ "VI1"; Anmerkung des Verfassers); Mikroskopsammlung des Polytechnischen Museums Moskau: Mikroskop signiert "Carl Zeiss Jena. No 4724", Inventurnummer PM 008151 (MIM 431); Boerhaave Museum Leiden, NL: "Compound microscope", signiert "Carl Zeiss Jena No. 2719", inventary # V07425 sowie Referenz 2, 25, 54, 62, 70] (Datierung mit freundlicher und äußerst zuvorkommender Unterstützung von Dr. Wolfgang Wimmer, Archiv Carl Zeiss Jena, 18.02.2005 und 25.02.2005) |
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