Zeiss Reisemikroskop aus 1929. Das Mikroskop ist gefertigt aus
vernickeltem und schwarz lackiertem Messing sowie vernickeltem und lackiertem
Stahl. Die Beleuchtung erfolgt über einen vereinfachten Beleuchtungsapparat
mit dreifach gelagertem Spiegel. Das Instrument verfügt über einen
ausziehbaren, graduierten Tubus, eine grobe Einstellung über Zahn und
Trieb sowie einen gehäusten Zahnradfeintrieb nach Meyer. |
 Auf
dem Tubus ist das Mikroskop signiert mit:
Germany
Carl Zeiss
Jena
Nr. 204087
Untergebracht wird das Instrument zusammengelegt in einem lackierten
Eichenholzkasten.
Das Mikroskop ist ausgerüstet mit den Objektiven A
C.Zeiss 8 0,20, Nr. 69914,
D C. Zeiss 40 0,65 0,17 Nr.
63421, und
1/12 C.Zeiss HI 90
1,25, Nr. 49722 sowie dem Okular
Carl Zeiss Jena 5
Germany. In einer Dose
befindet sich eine Glasflasche für Immersionsöl. Das ursprünglich
ebenfalls ausgelieferte Okular 10 fehlt. Der Objektführer trägt
die Gravur Carl Zeiss Jena Nr 25869
Germany und wird zum Transport in den Deckel des
Kastens geschraubt.
In einer Beilage zum Mikroskopkatalog des Jahres 1927 wird das hier gezeigte
Stativ vorgestellt (Zeiss, Mikro 400, Beilage Nr. 5, Dezember 1928): |
Neues Reisemikroskop.
Seite 37: Die Reisestative werden in der bisherigenAusführung
nicht mehr hergestellt. Das neue Stativ (siehe Abb. 15b) ist dem modernen
Zeiss-Typ angepaßt und wird in einem festen Eichenholzkasten (Abb.
15a) geliefert.
Vergrößerungen 40 - 900fach |
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Stativ um 30° neigbar
ausziehbarer Tubus mit Millimeterteilung
fester viereckiger Tisch
vereinfachter Beleuchtungsapparart mit Zahn und Trieb
Kondensor n. Ap. 1,2 mit Irisblende
dreifacher Revolver
10 Objektträger, 100 Deckgläser
1 Glasfläschchen mit Immersionsöl in Metallkapsel |
Achromatische Objektive |
8
40 |
n. A. 0,20
n. A. 0,65 |
Homogene Oelimmersion |
90 n. A. 1,25 (1/12)
Huygens-Okular 5x
Huygens-Okular 10x |
In verschließbarem Eichenholzkasten mit Tragriemen aus Leder
RM 498.- |
Dazu auf Wunsch: |
Aufsetzbarer Objektführer (12 08 05) ohne
Behälter
RM 96.- |
Seite 39: Reisestativ mit festem viereckigem Tisch
und vereinfachtem Beleuchtungsapparat
mit Zahn und Trieb in verschließbarem Eichenholzkasten mit Tragriemen
aus Leder
RM 270.- |
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Das neue Reisemikroskop
hat ein Stativ, das dem modernen Zeiss-Typ angepasst ist. Es ist kippbar,
hat vereinfachten, in der Höhe verstellbaren Beleuchtungsapparat, aber
der leichteren Zusammenklappbarkeit wegen statt des hufeisenförmigen
Fußes ein Unterteil mit drei Füßen.
 Um ein
Ueberschlagen des Stativs in gekippter Stellung zu vermeiden, ist ein Anschlag
für die Kippe angebracht. Das Stativ wird mit dreifachem Revolver
ausgerüstet, an dem die drei Objektive beim Zusammenlegen und Verpacken
des Stativs bleiben*). Der vierfache Revolver ist nicht zu empfehlen, weil
im Behälter für ein viertes Objektiv kein Platz ist. Der Behälter
ist aus hartem Eichenholz angefertigt. Um äußere Einflüsse
auf das Stativ abzuhalten, ist sein Deckel mit besonderem Dichtverschluß
versehen. Ein Trageriemen aus Leder ist beigegeben.
Als zum Reisestativ gehörig sind im Kasten noch untergebracht: 10
Objektträger, 100 Deckgläser, ein Glasfläschchen
Immersionsöl in Metallkapsel sowie ein Blauglas für den
Kondensor.
Von den Präparierutensilien Nr. 124090 (RM 11.-) werden, wenn sie
mitbezogen werden, die Kapsel für Vaseline und die Cornett-Pinzette
im Kasten bzw. im Deckel eingelassen, die übrigen Teile in einem
Ledertäschchen unter das Stativ gelegt. Der Tisch bleibt fest am Stativ;
er kann mit dem Objektführer Nr. 120802 versehen werden, der ohne
Behälter im Deckel des Kastens untergebracht wird (RM 96.-).
Für die Bereitstellung und das Einpacken des Mikroskopes sind nur
wenige Handgriffe erforderlich, da vom Stativ nichts abgenommen zu werden
braucht.
Aufstellung des Statives:
1. Beide Außenfüße bis zu ihrem Anschlag ausklappen.
2. Zurückklappen des Außenfüße bis in die Lage des
vorher nur etwas mit ausgeklapptem Mittelfußes.
3. Gleichzeitiges Ausklappen aller drei Füße bis zum Anschlag
des mittleren.
4. Vorwärtsklappen der Außenfüße.
5. Ausziehen des Tubus bis zur Ringmarke.
6. Abklappen des Spiegels in Gebrauchsstellung.
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Verpacken des Mikroskopes:
1. Einschieben des Tubus bis zum Anschlag.
2. Anklappen des Spiegels.
3. Zurückklappen des drei Füße bis zum gemeinsamen
Anschlag.
Gesamtgewicht des vollständigen Mikroskopes etwa 4,6 kg.
Ausmaße des Kastens (ohne Schloß): Länge 24,5
cm, Breite 19 cm, Tiefe 12 cm.
*) Beim Versand werden die Objektive in ihren Kapseln
beigegeben. |
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Das hier gezeigte Mikroskop wird nach Auskunft des Archivs von Carl Zeiss
Jena am 14.02.1929 hergestellt und ausgestattet mit dem Kondensor 114320,
den Objektiven 8, 40 D und 90/1,25, einem Dreifach-Objektivwechsler sowie
den Okularen 5 und 10 am 19.02.1929 an Carl Zeiss in New York geliefert.
Inklusive des Objektführers kostet es folglich 594.- Reichsmark und
wird von Earl T. Engle gekauft.
Earl Theron Engle wird am 19.03.1896 in Waterloo, Iowa geboren. Er studiert
am Nebraska Wesleyan College und der University of Colorado. Seine erste
Anstellung erhält er in der Zoologie der University of Colorado, von
dort wechselt er an das Department of Anatomy der Stanford University. |
1928 nimmt er eine Stelle an der Columbia University an und widmet sich
anatomischen Studien und Experimenten der Säugetierreproduktion.
 Unter der Leitung von Harry C. Raven bricht am 29.05.1929 in
New York ein vierköpfiges Team bestehend neben dem Leiter aus den
Professoren J. Howard McGregor, William K. Gregory und Earl T. Engle von
der Columbia University zur African Anatomical Expedition auf. Ziel
der achtmonatigen Expedition ist es innerhalb von sechs Monaten Zentralafrika
von der Ost- zur Westküste zu durchqueren und dabei Gorillas, Schimpansen
und weitere afrikanische Primaten für die Columbia University als
Studienobjekte zu finden. Das hier gezeigte Mikroskop wird offenbar in
Vorbereitung dieser großen Expedition drei Monate vor Reisebeginn als
modernstes erhältliches Reisemikroskop erworben und begleitet die
Wissenschaftler. Engle arbeitet während dieser Reise im Osten des damaligen
Belgisch Kongo vor allem an den dortigen Berggorillas (gorilla beringei).
Neben den Studien an Gorillas in Zentralafrika beschäftigt sich Engle
später mit den Rhesus Affen der Columbia University auf Monkey
Island in Puerto Rico.
Schwerpunkte seiner Arbeiten liegen in der Endokrinologie, so beschreibt
er den Einfluss der Gonadotropine auf den Reifungsprozess der infantilen
Ovarien. Ferner zeigt er die Steigerung der Fruchtbarkeit bei Tieren durch
gezielte Hormongaben auf und leitet daraus einen erfolgreichen Therapieansatz
für die Behandlung des Kryptorchismus beim Menschen ab. Er wird zum
Experten für Biopsien des Hodens und dessen zytologischen Aufbaus,
insbesondere für den Nachweis der Unfruchtbarkeit. Zudem beschäftigt
er sich bereits in den Jahren 1937 - 1947 mit den sozialen und psychischen
Einflüssen auf den menschlichen Fortpflanzungserfolg. |
 Als die USA den Einfluß der Strahlung auf die Opfer der
Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki untersuchen wollen wird
Engle nach Japan zur Leitung der dortigen Studien entsandt.
Earl T. Engle arbeitet zu großen Teilen am Mikroskop, Kollegen aus
der ganzen Welt senden ihm Proben zur Begutachtung. Entsprechend lässt
sich Engle mehrfach am Arbeitsplatz über Mikroskope gebeugt fotografieren.
Offenbar verwendet er wenn möglich immer die jeweils modernsten Mikroskope
der Firma Zeiss, denn neben seinem hier gezeigten Instrument ist er zu sehen
mit einem Zeiss Stativ L sowie später mit dem Zeiss Standard GFL.
Am 17.12.1957 stirbt Engle im Dienst durch Verbluten in Folge eines aufbrechenden
Pankreaskarzinoms, welches bis dahin unentdeckt geblieben war. |
 Im November
2010 kann dieses Mikroskop von der Enkelin Earl T. Engles für die Sammlung
erworben werden. Zur Illustration der ursprünglich vorgesehenen Ausstattung
ist das hier gezeigte Mikroskop mit der Cornett-Pinzette und einer Schachtel
Deckgläser rekomplettiert.
(Daten zur Auslieferung mit freundlicher Unterstützung von Dr.
Wolfgang Wimmer, Archiv Carl Zeiss Jena, 09.11.2010) |