Sehr frühes kleines Leitz Mikroskop; Stativ V, gefertigt um 1872. Mikroskop aus zaponiertem und geschwärztem Messing, lackiertem Eisen und gebläutem Stahl. Der Planspiegel ist dreifach gelagert und kann damit auch für schiefe Beleuchtung der Objekte verwendet werden; zur Einstellung der Beleuchtungsapertur ist unter der Tischplatte eine Revolverlochblendenscheibe angebracht. | ||||
Der grobe Fokus des Instrumentes wird durch einen Schiebetubus
erreicht, die Feineinstellung durch Parallelogrammführung nach Roberval
mittels eines Rändelrads an der Säule.
Auf der Tischplatte ist das Instrument in geschwungener Schrift signiert:
No. 1636 Diese früheste Form des Stativ V mit dem geschwungenen und glänzend lackierten Eisenfuss erinnert noch sehr an die Instrumente von Belthle. Schon 1875 werden im Katalog die Stative mit eleganten Messingfüßen angeboten. Das Stativ V von 1876 - 1884 wird wieder mit einem Eisenfuß angeboten, der jedoch wie das gesamte Stativ jener Zeit weit schlichter gehalten ist: Aus Gründen höherer Effizienz bei der Produktion werden viele der bei dem hier gezeigten Instrument dekorativ gebrochenen Kanten schon wenige Jahre später nicht mehr abgeschrägt und auch die Anzahl der Einzelteile an sich wird reduziert. Schon allein an diesen beiden Merkmalen erkennt man die klare Ausrichtung zur günstigeren Serienproduktion späterer Modelle von Leitz. |
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Ausgestattet ist das im stabilen polierten Holzkasten liegend
untergebrachte Instrument mit dem Objektiv No. 3
und No. 7 sowie den Okularen
I und
III.
Diese Optiken stellen bei diesem Stativ die Standardausrüstung laut Preisliste dar und erlauben lineare Vergrösserungen von 75-, 100-, 320- und 500-fach. Diese Mikroskop taucht im Herbst 2004 bei einer Haushaltsauflösung in München auf - leider ist der ursprüngliche Besitzer nicht mehr feststellbar. Ernst Leitz (1843-1920) tritt Anfang 1864 in die von Carl Kellner (1826-1855) und Moritz Hendsoldt (1821-1903)geründete Werkstätte ein, die zu jenem Zeitpunkt von Friedrich Belthle (1829-1869) geführt wird und eine Jahresproduktion von ungefähr 70 Mikroskopen verzeichnet. Belthle hatte als ehemaliger Gehilfe der Werkstatt nach Kellners frühem Tod dessen Witwe geheiratet (die bereits im August 1856 außerehelich ein Kind von Belthle zur Welt brachte) und das Überleben der Werkstatt zeitweise auch mit einem Teilhaber, Heinrich Friedrich Rexroth, gesichert. Bei Eintritt von Ernst Leitz in das Unternehmen befindet sich die Werkstatt noch immer in dem von Kellner gekauften Haus am reformierten Treppchen.
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Bereits am 7. Oktober 1865 wird Ernst Leitz Teilhaber des
Unternehmens. Unter gemeinsamer Leitung wird am 3. September 1867 das 1000.
Mikroskop ausgeliefert. Die Absatzzahlen der Firma steigen nach der
Übernahme der Werkstätte durch Ernst Leitz 1869 rasch an. So kann
1880 bereits eine Jahresproduktion von 500 Mikrokopen verzeichnet werden,
das 10.000ste Mikroskop wird entsprechend 1887 ausgeliefert, in 1891 wird
das 20.000ste Mikroskop gefertigt und noch vor der Jahrundertwende 1899 das
50.000ste fertiggestellt. An Hand der datierten Auslieferungskarten ist jedoch
ersichtlich, dass durch die hohen Produktionszahlen nach 1900 manche Instrumente
erst 4 Jahre nach ihrer Fertigstellung an den Kunden ausgeliefert werden.
(Finanziert wurde das Mikroskop durch einen kurzzeitigen zinslosen Kredit von Rolf Schreiber, Kirchheim bei München) [Vergleiche Referenz 74]
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