Sehr frühes Mikroskop von Ernst Leitz in Wetzlar


Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164

Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164

Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164

Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164

Sehr frühes kleines Leitz Mikroskop; Stativ 4a um 1869. Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und geschwärztem Messing, lackiertem Eisen und gebläutem Stahl. Der grobe Fokus des Instrumentes wird durch einen Schiebetubus erreicht, die Feineinstellung durch eine Rändelschraube auf der Säule. Der Hohlspiegel ist dreifach gelagert; unter der Tischplatte befindet sich eine Revolverlochblendenscheibe mit vier Aperturenblenden.

Das Mikroskop ist ausgerüstet mit einem Okular I, dessen Hülse im Gegensatz zu den frühen Mikroskopen von Kellner und Belthle nicht mehr zaponiert ist. Ferner findet sich ein Objektiv Fr. Belthle bei dem die eingeschlagene Ziffer 3. durchgestrichen und mit einer 7 überschrieben ist. Offenbar wird das Objektiv zu Belthles Zeiten hergestellt, jedoch erst von Leitz verkauft und Leitz passt die Nummerierung auf die beschriebene Weise seinen neuen Bezeichnungen an.

Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164: Objektiv Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164: Objektiv Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164: Objektiv

Auf dem Tubus befindet sich die ausführliche Signatur:

C. Kellner's Nachfolger
E. Leitz in Wetzlar.  
No. 1164.

Bei diesem kleinsten Stativ aus der Werkstatt von Ernst Leitz handelt es sich um den im Feintrieb wesentlich verbesserten Nachfolger des in dieser Sammlung gezeigten Belthle Mikroskop Stativ 594 bzw. Belthle Mikroskop Stativ 879, welche ihrereseits beide noch mit dem Mohl'schen Tisch ausgestattet sind. 

Im Gegensatz zu den vorhergehenden größeren Instrumenten aus dem von Carl Kellner und Moritz Hensoldt gegründeten Optischen Institut in Wetzlar wird bei diesem Feintrieb keine Prismenstange zur Führung verwendet. 

Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164: Signatur Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164: Signatur Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164: Signatur

Die Signatur dieses Mikroskops ist recht selten. Bekannt sind folgende weitere Mikroskope mit den Signaturen:
- C. Kellner's Nachf: / Fr. Belthle / in Wetzlar. / No. 1007.
- C. Kellner's Nachf: / Belthle & Leitz / in Wetzlar. / No. 1050.
- C. Kellner's Nachf: / Belthle & Leitz / in Wetzlar. / No. 1070.
- C. Kellner's Nachf: / E. Leitz / in Wetzlar / No. 1127.
- C. Kellner's Nachfolger / E. Leitz / in Wetzlar / No. 1131.
- C. Kellner's Nachf: / E. Leitz / in Wetzlar / No. 1184.
- E. Leitz / in Wetzlar / No. 1189.

Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164: DetailMikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164: DetailHiernach verweist Ernst Leitz spätestens ab Seriennummer 1189 in der Signatur nicht mehr auf den ersten Firmeninhaber des Optischen Instituts. Bei dem hier gezeigten Exemplar ist zudem hervorzuheben, dass einzig bei den beiden in dieser Sammlung gezeigten Instrumenten das Wort Nachfolger ganz ausgeschrieben ist.

Nach Angabe des Archivs von Leica Microsystems GmbH sind die Mikroskope aus dem ursprünglich von Carl Kellner geführten Optischen Institut bis Seriennummer 1044 (ausgeliefert am 12.06.1868) erfasst. In den Auslieferungsbüchern klafft danach eine Lücke. Erst ab Seriennummer 1300 sind die Mikroskope wieder eindeutig gelistet. So ist es nicht mehr möglich festzustellen, an wen das Mikroskop Nr. 1164 mit welcher Ausstattung und zu welchem Zeitpunkt verkauft worden ist.

Im Juli 2007 kann dieses Mikroskop aus einem Nachlass in Münster/Westfahlen für diese Sammlung erworben werden.

Carl Kellner (26.03.1826 - 13.05.1855) gründet das Optische Institut in Wetzlar zusammen mit Moritz Hensoldt im Jahre 1849. Das erste Mikroskopokular wird am 22. Dezember 1849 an den Bremer Apotheker Georg Christian Kindt geliefert, schon am 23. Januar 1850 folgt das nächste Okular an diesen Kunden. Das erste Mikroskop wird allerdings erst ein gutes Jahr später, am 9. Mai 1851 nach Genf ausgeliefert. Die Instrumente werden sehr gut angenommen und bis 1854 können 131 Mikroskope verkauft werden. Kellner erkrankt 1854 an Darmtuberkulose, sein nahes Ende ahnend weiht er seinen Cousin und Gehilfen Ludwig Engelbert in alle technischen Feinheiten der Herstellung der Mikroskope ein und überträgt ihm die Leitung der Werkstätte kurz vor seinem Tod.

Carl Kellner; Abb. aus: Dr.med.habil. Alexander Berg: Ernst Leitz Optische Werke Wetzlar 1849 - 1949; Umschau Verlag; Frankfurt am Main 1949 Friedrich Belthle; Abb. aus: Dr.med.habil. Alexander Berg: Ernst Leitz Optische Werke Wetzlar 1849 - 1949; Umschau Verlag; Frankfurt am Main 1949 Werkstatt und Wohnhaus von Carl Kellner; Abb. aus: Dr.med.habil. Alexander Berg: Ernst Leitz Optische Werke Wetzlar 1849 - 1949; Umschau Verlag; Frankfurt am Main 1949

Als im Dezember 1856 jedoch Friedrich Belthle (27.02.1829 - 09.05.1869), ebenfalls ein ehemaliger Gehilfe dieser Werkstatt, die Witwe Kellners heiratet (die bereits im August 1856 außerehelich ein Kind von Belthle zur Welt bringt), scheidet Engelbert aus dem Unternehmen aus. Belthle führt die junge Firma weiter, ab August 1857 mit Heinrich Friedrich Rexroth als Teilhaber.

Mikroskop C. Kellners Nachfolger E. Leitz in Wetzlar No. 1164: OkularBelthle gelingt es, den Ruf der Firma zu wahren, er bringt selbst aber bis auf die mechanische Optimierung der Instrumente nur geringe Neuerungen hervor. Die Geräte werden in Medizinerkreisen anerkannt, die Firma "Belthle & Rexroth (C. Kellners Nachfolger)" stellt bei der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte im September 1858 in Karlsruhe Mikroskope aus, die Belthle dort persönlich präsentiert. Zu dieser Zeit werden in den Lohnlisten des Unternehmens unter anderem Ernst Gundlach sowie Wilhelm und Heinrich Seibert geführt. Im Jahre 1861 trennen sich Belthle und Rexroth wieder - im selben Jahr verlegt ihr Glaslieferant Théodore Daguet seine Glashütte von Solothurn nach Freiburg/Schweiz.

Ernst Leitz tritt Anfang 1864 in die Werkstätte ein, die zu jenem Zeitpunkt eine Jahresproduktion von ungefähr 70 Mikroskopen verzeichnet und sich nach wie vor in dem von Kellner gekauften Haus "am reformierten Treppchen" befindet. Bereits am 7. Oktober 1865 wird Ernst Leitz Teilhaber des Unternehmens. Unter gemeinsamer Leitung wird am 3. September 1867 das 1000. Mikroskop ausgeliefert.

[Vergleiche Referenz 4, 5, 34, 56, 74, 97]

(Daten zur fehlenden Datiersmöglichkeit mit freundlicher Unterstützung von Rolf Beck, Archiv Leica Microsystems GmbH, 31.07.2007)


14.09.2008 by Timo Mappes

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