Kleines Schieck Mikroskop; um 1882 im Kasten, zaponiertes
und geschwärztes Messing, gebläuter Stahl. Hufeisenstativ mit
Auszugtubus, Grobfokus durch Verschieben des Tubus mit der Hand, Feineinstellung
über relativ großes Rändelrad an der Säule. Ein dreh-
und schwenkbarer Plan- und Konkavspiegel, ein Lochblendenrevolver mit einer
auch komplett verdunkelnden Stellung zur Untersuchung opaker Objekte sowie
eine Tischplatte mit Hartgummiauflage runden die mechanische Ausführung
ab. Die hohe Qualität des Mikroskopes zeigt sich in Details wie dem
eindeutigen Kennzeichnen der gebläuten Schrauben und ihrer entsprechenden
Gewindebohrungen durch kleine Schlagsymbole.
Ausgestattet ist das Instrument mit den Okularen Nr. 0 und Nr. 2 bzw. in separater lederbezogener Schatulle mit den Objektiven Nr. 1, Nr. 4 und Nr. 8. Diese Schatulle ist mehrzeilig durch einen Brandstempel im Innern gekennzeichnet mit: Berlin S.W. 6057 Im Rand des Kastens findet man die passende Seriennummer, ebenfalls eingebrannt: F.W. Schieck Berlin S.W. Nr. 6057 Das Mikroskop ist sehr gut erhalten und selbst die originale Zaponierung der Objektklemmen ist noch vorhanden. Dieses Set wird angeboten in "Preisverzeichniss der Mikroskope von F.W.Schieck in Berlin S.W. (Hallesche Strasse 14)" von 1875 als:
G. Kleines Modell mit festem Tisch und Blendungscheibe. Die Systeme erlauben laut Schieck'scher Preisliste von 1875 (und unverändert auch 1885) eine lineare Vergrößerung von: |
Nummer der Objektive |
Vergrößerung der Objektive mit den Okularen |
Öffnungswinkel |
Fokus der Objektive in englischen Zoll |
Preise in Mark |
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0 |
2 |
||||
1 |
20 |
40 |
20° |
2 " |
15 |
4 |
90 |
180 |
75° |
1/2" |
30 |
8 |
400 |
800 |
160° |
1/8" |
50 |
(Tabelle auszugsweise aus Referenz 89, S. 669)
Friedrich Wilhelm Schiek (1790 - 1870) kommt als Geselle nach
Berlin, nachdem er bei dem Hof-Opticus und Mechanicus Ludwig Wisskemann
im Schloß des Prinzen Ernst Constatin zu Hessen-Phillipsthal 3 Jahre
die praktische Mechanik kunstmässig erlernt und 1811 abgeschlossen
hat. Als Gründungsjahr der Firma Schiek wird 1819 angegeben, vier Jahre
vor Plössl (mit dessen Stil die Mikroskope Schieks häufig verglichen
werden). Das optisch-mechanische Institut bezeichnet sich später in
Anzeigen selbst als älteste Mikroskopfabrik Deutschlands.
In Berlin hat Carl Philipp Heinrich Pistor (1778-1847 ) bereits 1813 eine eigene Werkstätte gegründet, in der neben astronomischen und geodätischen Instrumenten auch Mikroskope gefertigt werden. Letztere sind nach dem Vorbild der englischen Geräte gebaut, z.B. nach Jones, Ellis, Adams etc. Zu erwähnen ist hier, daß auch Reichenbach in England nach technischem Know-How suchte (u.a. bei Tulley und Hunt) und so fast alle kleinen und mittleren Fraunhoferschen Mikroskope den englischen (Stangen-)Stativen ähnlich sind.
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Möglicherweise ist nun Schiek bis zum Jahr 1824 als Zulieferer für Pistor tätig. Danach wird er Teilhaber, die Firma nennt sich Pistor & Schiek. Aus dem Jahre 1829 liegt in Astronomische Nachrichten Bd. 7 eine ausführliche Preisliste vor.
Sehr wahrscheinlich ist Schiek neben dem kreativen Theoretiker Pistor der mechanische Künstler in der Werkstatt. Man spricht in der Literatur der Zeit lobend von den Schiek'schen Mikroskopen. Gegen Ende des Jahres 1836 trennt sich Schieck schließlich von Pistor.
In eigener Werkstatt baut Schiek ab 1837 Mikroskope. Der "Rothe Adler Orden 4. Klasse" wird Schiek 1858 vom preußischen König für seine Verdienste im Mikroskopbau verliehen. Bis zu diesem Zeitpunkt haben 954 Mikroskope die Werkstatt verlassen.
In den Jahren 1860 bis 1864 bildet Schiek seinen Sohn Friedrich Wilhelm Hermann Schieck [sic!] aus, der die Werkstatt schließlich 1865 übernimmt. F.W. Schieck spezialisiert sich auf die Weiterentwicklung handlicher und zugleich leistungsstarker Trichinen- und Reisemikroskope. Sein Vater stirbt 1870.
In Anzeigen um die Jahrhundertwende wirbt die Firma F.W.Schieck mit ihrer bisher ausgelieferten bzw. produzierten Gesamtzahl an Mikroskopen: 1902 waren es über 36000, 1903 bereits über 41000 und 1904 schon über 45000 Instrumente. Zu beachten ist hier jedoch, daß in dieser Zeit wohl vorwiegend Trichinenmikroskope hergestellte werden, welche insbesondere in Preussen zum Einsatz kommen.
(Referenz 25, 89; einige der Daten zu F.W. Schiek & C.P.H. Pistor mit freundlicher Unterstützung von Dieter Wanderka, Berlin)
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