Feld-Mikroskop "Heimdal" nach Friedrich Kurt Reinsch


Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929 Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929 Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929 Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929

Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929

Feld-Mikroskop nach Friedrich Kurt Reinsch; Wien 1929. Stativ aus vernickeltem, schwarz-, klar- und schrumpflackiertem Messing, blankem und gebläutem Stahl, blankem und schwarz lackiertem Aluminium in ledernem Futteral.

Die Beleuchtung erfolgt über einen dreifach gelagerten Spiegel und einen ausklappbaren Kondensor mit Irisblende. Die grobe Einstellung erfolgt mit Zahn und Trieb, die feine über eine seitliche Schraube.

Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929: VergrößerungstabelleReisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929: SignaturDas Mikroskop ist ausgestattet mit dem Doppelobjektiv Ia und dem Objektiv 7a 60x sowie den Okularen Reichert Austria II 5x und Reichert Austria V 13x sowie einem passenden Okularmikrometer. Ein weiterer Kondensor sowie je ein ein Fläschchen Immersionsöl und Xylol in verschraubbaren Dosen runden das Zubehör ab.

Das Instrument trägt die Signatur mit dem ungewöhnlichen Eigennamen als Zusatz in Anführungszeichen auf dem Tubus:

Reichert
Austria
No 90766
"Heimdal"

Im Deckel des Kastens ist eine Tabelle zum Eintragen der Mikrometerwerte angebracht, neben den drei Objektiven und zwei Okularen ist hier noch Platz für den Eintrag von je zwei weiteren. Das Mikroskop ist in der Überschrift der Tabelle nochmals genauer bezeichnet: Feldmikroskop "Heimdal" nach Reinsch. Zusammengelegt wird das Instrument im Kasten aufbewahrt und kann in einer Feldtasche ähnliche einem Doppelfernrohr über die Schulter getragen werden.

Doppelobjektiv Ia für Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien Doppelobjektiv Ia für Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien Doppelobjektiv Ia für Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien
Diesem von Kurt Friedrich Reinsch (1895-1927) entwickelten Reisemikroskop wird bereits kurz nach seiner Markteinführung viel Aufmerksamkeit geschenkt. Kurt Friedrich Reinsch wird als letztes von vier Kindern des Eisenbahningenieurs und königlich bayrischen Regierungsrats Friedrich August Reinsch (1849-1933) geboren.

Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929: ZusammengelegtFeldmikroskop Heimdal. Abb. aus: Feldmikroskop Heimdal von Fr. Reinsch. Ausgeführt von der Firma Reichert. (Internationale Revue der gesamten Hydrobiologie und Hydrographie 18 (5): 422-426 (1928)) Am Ende seiner Schulzeit in München nimmt Reinsch  im August 1912 in Langenargen an einem zweiwöchigen Kurs zur Süßwasserbiologie teil und schreibt sich wenig später für das Studium der Zoologie an der Universität München ein. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs dient er als Freiwilliger im königlich preußischen Telegrafen-Bataillon Nr. 2 und scheidet als Leutnant der Reserve aus dem Dienst. 1922 promoviert er mit Die Entomostrakenfauna in ihrer Beziehung zur Makroflora der Teiche (Dissertation München 1922, abgedruckt in Archiv für Hydrobiologie XV: 253-279 (1924)) zum Dr. phil. und nimmt im Anschluß ichthyologische Forschungen an der Versuchsstation von Reinhard Demoll  (1882-1860) in München auf.

Ursprünglich plant Reinsch sich im August 1923 einem Freikorps-Batallion anzuschließen, nimmt aber stattdessen an der mit 80 Teilnehmern besuchten 2. Mitgliederversammlung der Internationalen Vereinigung für Theoretische und Angewandte Limnologie vom 22. bis 26. August in Innsbruck teil und siedelt schließlich im Herbst des Jahres nach Wien über. Hier arbeitet er zunächst als Volontär-Assistent und ab 1924 als besoldete wissenschaftliche Hilfskraft (Assistent) an der Lehrkanzel für Hydrobiologie und Fischereiwirtschaftslehre bei Oskar Haempel (1882-1953) an der Hochschule für Bodenkultur. Hier beteiligt er sich insbesondere am Aufbau des Instituts und an Haempels Alpenseeuntersuchungen.

In dieser Zeit beschäftigt sich Reinsch erstmals professionell mit der Verbesserung der Mikroskope und meldet im Mai 1925 mit seinem in Köln lebenden Bruder Dr.-Ing. Alfred Reinsch, der zu jener Zeit Oberingenieurs der Daimler-Motoren-Gesellschaft ist, ein Patent zu einem Mikroskop mit kontinuierlich einstellbarer Blende (Reichspatentschrift 435708) an, bei dem der Trieb zur Einstellung der Irisblende des Beleuchtungsapparates auf Ebene des Feinstellknopfes der Fokussierung verlegt wird.

1925 unternimmt Reinsch eine viermonatige Experdition zur Untersuchung der Süßwasserflächen in Island, seine Ergebnisse hierzu werden erst posthum veröffentlicht (Fiedrich Kurt Reinsch: Limnologische Untersuchungen auf meiner Islandreise 1925. Archiv für Hydrobiologie 19: 381-422 (1928)). Bei den Forschungsarbeiten stürzt Reinsch zweimal vom Pferd und leidet seither unter starken Schmerzen. Möglicherweise durch diese Folgen angeregt veröffentlicht er den Aufsatz Islands landwirtschaftliche Nutztiere. (Deutsche landwirtschaftliche Tierzucht 30 (30): 574-578 (1926)). Er reist ein zweites Mal nach Island, kann seine Untersuchungen aber nicht mehr zum Abschluss bringen.

Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929: Zusammengelegt Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929: Zusammengelegt Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929: Zusammengelegt
Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929: Flaschen für Xylol und Immersionsöl, Okularmikrometer in FassungReisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929: Okulare Zwischen den Islandreisen beteiligte er sich über Einladung der Wiener optischen Firma Reichert an der Verbesserung von Mikroskopen, insbesondere an der Entwicklung eines für Feldarbeiten tauglichen Taschenmikroskops, welches 1927 eingeführt wird. Er verstirbt nach eineinhalbjährigem Leiden einunddreißigjährig nach einer Operation 1927 in München an Krebs - unmittelbar vor Veröffentlichung seines Artikels zum Heimdal Mikroskop.

Im posthum gedruckten, am 17. Mai 1927 eingegangenen Artikel Feldmikroskop "Heimdal", ein Mikroskop für wissenschaftliche Untersuchungen im Freien. (Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie 44: 313-326 (1927)) zu diesem Mikroskop klassifiziert Reinsch die bekannten Mikroskope, und führt das Wort "Feldmikroskop" […] als Bezeichnung für eine ganz bestimmte Art von Instrumenten […] zum ersten Male im Schrifttum ein. Er definiert die bekannten Mikroskophauptgruppen:

  1. Laboratoriumsmikroskope
  2. Reisemikroskope
  3. Spezialmikroskope (inkl. Metall- und Polarisationsmikroskope)

Eine weitere vierte Gruppe sieht er seit Ende des Ersten Weltkrieges in der Entstehung - sie wird seiner Meinung nach vorerst durch die weitverbreiteten Klein- bzw. Taschenmikroskope vertreten.

Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929 zusammengelegt im Kasten

C. Reichert Optical Works / Vienna: "Heimdal" after Reisch; Mikro 205e; Wien ca. 1928Feldmikroskop Heimdal. Abb. aus: C. Reichert Optical Works / Vienna: "Heimdal" after Reisch; Mikro 205e; Wien ca. 1928Mit Feinfühligkeit führt er den neuen Begriff ein:

Da diese aber den gestellten Anforderungen keinesfalls genügen, so ergab sich die Notwendigkeit, ein anderes Instrument zu bauen, welches hier als Feldmikroskop bezeichnet werden soll. Demjenigen, dem dieses Wort fremd klingt, oder der als Friedensfreund mit Schaudern durch dieses Wort gleich an den Krieg erinnert wird, sei gesagt, daß es in der deutschen Sprache noch mehr derartige harmlose Zusammensetzungen gibt. Es seien nur "Feldstecher", "Feldstuhl", "Feldschirm", "Feldschmiede" usw. genannt. Stets drückt hierbei das Wort "Feld" die Möglichkeit und die Absicht der Verwendung im Freien aus unter gleichzeitiger Betonung des "Behelfsmäßigen", des "Einfachen". Daher erschien die Bezeichnung dieses im Freien zn gebrauchenden Mikroskopes als "Feldmikroskop" am eindeutigsten. Der Name "Klein-" oder "Taschenmikroskop" drückt demgegenüber den eigentlichen Zweck der Instrumente nicht deutlich aus, was schon daraus mit hervorgeht, daß die optischen Firmen als Kleinmikroskope zwar kleine, aber nicht wirklich brauchbare Instrumente auf den Markt brachten.

Er fordert für ein optimal zu Mikroskop für das wissenschaftliche Arbeiten im Freien:

  1. Gleiche Arbeitsweise und Ausrüstung wie beim Labormikroskop (Normaloptik, müheloser Objektivwechsel, fehlerfreie Grob- und Feineinstellung, Objekttisch von mindestens 70 mm Durchmesser, ausreichende Beleuchtungsvorrichtung).
  2. Ständige Arbeitsbreitschaft (rasch ein- und ausklappbare Teile, kein Schraubgewinde, keine losen verlierbaren Bestandteile, genügende Standfestigkeit)
  3. zweckmäßige Verpackung (geringstes Ausmaß und Gewicht, stossgesicherte Unterbringung im Behältnis)

Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929 Kasten für den Transport

Besonderen Wert legt Reinsch dabei auf der Zulassung gleicher Arbeitsweisen wie beim Laboratoriumsmikroskop. Ferner fordert er:

Feldmikroskop Heimdal im Größenvergleich. Abb. aus: C. Reichert Optical Works / Vienna: "Heimdal" after Reisch; Mikro 205e; Wien ca. 1928Spezialoptik ist unbedingt zu verwerfen. Gewöhnlich bleibt sie an der Güte weit hinter dem Durchschnitt der Normaloptik zurück. Außerdem macht sich bei den Zwergobjektiven, wie sie an manchen Kleinmikroskopen zu sehen sind, das kleinere Gesichtsfeld und der geringere Objektabstand störend bemerkbar. […] Ferner ist zu bedenken, daß wichtige Hilfsinstrumente, wie Abbescher Zeichenspiegel, Mikrometerokular, Spezialobjektive (z.B. Wasserimmersion) nicht verwendet werden können, wenn das Feldmikroskop abweichende Objektivgewinde und Tubusweite besitzt.

Ausführlich beschreibt Reinsch daraufhin die offensichtlichen Nachteile der Tami, Metami und Protami Reihe von Hensoldt in Wetzlar, ohne den Hersteller explizit zu erwähnen. Schließlich definiert er die Anforderungen an ein Mikroskop zum Arbeiten im Freien:

Ein weiteres wichtiges Erfordernis ist die ständige Arbeitsbereitschaft eines Feldmikroskopes. Darin soll es sich ja von den Reisemikroskopen unterscheiden. Alle Teile dürfen daher nur zum Aus- und Einklappen sein; Gewinde sind zu vermeiden, da das Befestigen und Auswechseln von Einzelteilen sonst verhältnismäßig viel Zeit beansprucht. Es muß das Feldmikroskop sozusagen mit einem Griff auseinanderzunehmen und aufzustellen und wieder zusammenzulegen und zu verpacken sein.
Lose Teile darf es bei einem Feldmikroskop nicht geben. Bei Arbeiten im Freien ist ein Verlust solcher Teile leicht zu befürchten. Auch fehlt oft die Möglichkeit, Einzelteile fortzulegen, ohne daß sie schmutzig oder naß werden und somit Schaden leiden. Auch aus diesem Grunde sind Objektive mit abschraubbarer Frontlinse nicht zulässig.

Derart die Notwendigkeit zur Entwicklung eines solchen Feldmikroskops eingeführt, beschreibt Reinsch die Entstehungsgeschichte des Heimdal Stativs:

Feldmikroskop Heimdal im Größenvergleich. Abb. aus: C. Reichert Optical Works / Vienna: "Heimdal" after Reisch; Mikro 205e; Wien ca. 1928Feldmikroskop Heimdal. Abb. aus: C. Reichert Optical Works / Vienna: "Heimdal" after Reisch; Mikro 205e; Wien ca. 1928Da diese selbstverständliche Vorbedingung keines der bisherigen Kleinmikroskope erfüllte, habe ich auf Veranlassung von Dr. C. REICHERT in Wien versucht, ein Feldmikroskop zu konstruieren, welches die vorher aufgestellten Forderungen erfüllt. Ich will gleich vorwegnehmen, es lag mir dabei gänzlich fern, mit irgendeiner Erfindung hervorzutreten; ich benützte, soweit es anging, nur altbekannte und wohlbewährte Elemente, wie wir sie von Laboratoriumsmikroskopen her kennen. Einzig und allein ließ ich mich bei der Konstruktion von den Gesichtspunkten des Mikroskop - Fachmannes leiten, für den das Mikroskop ein unentbehrliches Handwerkszeug darstellt, aber nicht Selbstzweck ist, wie bei jenen, die sich gekaufte Präparate einmal durchs Mikroskop zum Zeitvertreib ansehen wollen. Daher ist auch kein durch äußere Form bestechendes Spielzeug daraus entstanden, ähnlich den Klein- und Taschenmikroskopen, sondern, wie von ersten Autoritäten hervorgehoben wurde, ein ernstes, vollwertiges Arbeitsinstrument.

Reinsch führt die Wahl des Namens für dieses Mikroskopstativ detailliert aus. Bemerkt sei hier, dass er von seiner Familie teilweise mit Nigo bezeichnet wird und so selbst mit Spitznamen recht vertraut ist. Entsprechend schreibt er:

Diesem Feldmikroskop gab ich den Namen "Heimdal" . Ich wählte einen Namen aus der germanischen Mythologie, in Erinnerung an Island, wo heute noch der alte Götterglaube in den Sagas lebendig weiterlebt. Dort war mir im Sommer 1925 auf einer hydrobiologischen Forschungsreise das erste Versuchsmodell des Feldmikroskopes "Heimdal" ein unentbehrlicher, mich nie enttäuschender Begleiter. So konnte ich keinen passenderen Taufpaten finden als HEIMDAL, den Gott der feinsten Sinne, der das Gras wachsen hörte und bei Nacht wie beim Tag hundert Rasten weit sah.

Die ausführliche Beschreibung des Mikroskops und der detaillierte bebilderte Vergleich mit Laborstativen und Reisemikroskopen schließt mit einer Danksagung:

In dauernder Zusammenarbeit mit mir haben die Optischen Werke C. REICHERT in Wien, wobei sich ganz besonders Dr. REICHERT selbst und Direktor HEYNE für das Gelingen einsetzten, in selbstlosester Weise keine Mühe und Kosten gescheut, ein Feldmikroskop zu bauen, das streng wissenschaftlichen Anforderungen genügt. Viele äußerst wertvolle Anregungen für das Feldmikroskop "Heimdal" verdanke ich ferner Dr. RADDA v. BOSKOWSTEIN in Wien.

Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929: KondensorReisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929: Objektiv Nr. 7a und einem Nachwort:

Leider hat der junge talentvolle Autor, mein treuer Mitarbeiter, das Erscheinen obiger Arbeit nicht mehr erlebt; er verschied am 6 Juli d. J. an den Folgen einer schweren Operation, der er sich in München unterzog.

Wien, d.12. Juli 1927.    Prof. Dr. O. Haempel.

Reinsch's Münchner Lehrer Demoll diskutiert das Instrument bereits ein Jahr später in Feldmikroskop Heimdal von Fr. Reinsch. Ausgeführt von der Firma Reichert. (Internationale Revue der gesamten Hydrobiologie und Hydrographie 18 (5): 422-426 (1928)) und führt seinen Artikel ein mit den Worten:

Ein jeder, der mit Kleinmikroskopen zu arbeiten sich gezwungen sah, hat sich wie mit einem unabwendbaren Fatum mit der Tatsache abgefunden, daß ein Kleinmikroskop nur einen bescheidenen Ersatz für ein Laboratoriums-Mikroskop darstellt, daß das Wort "klein" sich nicht nur auf die Dimensionen, sondern auch auf die Leistungen bezieht.

Das Feldmikroskop Heimdal, das Fr. Reinsch in überaus glücklicher Weise entwarf, wirkt nicht anders als ein großes Geschenk fur alledie, die gezwungen sind, im Freien zu mikroskopieren. Hier hat man ein Instrument, das nicht nur ein oberflächliches Orientieren an Ort und Stelle gestattet, die Leistungsfähigkeit - theoretische und praktische - reicht an die des üblichen Laboratoriums-Mikroskops vollständig heran.

Feldmikroskop Heimdal. Abb. aus: Feldmikroskop Heimdal von Fr. Reinsch. Ausgeführt von der Firma Reichert. (Internationale Revue der gesamten Hydrobiologie und Hydrographie 18 (5): 422-426 (1928)) Einzig dem Dunkelfeldkondensor attestiert Demoll einen behelfsmäßigen Eindruck. Die Begeisterung des Autors ob dieses Stativs kann man nicht zuletzt der Beschreibung des Aufbaus des Mikroskop entnehmen:

Reisemikroskop "Heimdal" nach F.K. Reinsch von C. Reichert, Wien 1929 Kasten und Ledertasche für den TransportWie ein Taschenspieler kommt man sich vor, wenn man aus engstem Futteral im Augenblick ein normales Mikroskop hervorhebt. Man denkt an die Imaginalscheiben der Insekten.

Das Gewicht des Mikroskops mit Blechschachtel beträgt 1,37 kg. Die Blechschachtel kann in einer Ledertasche verpackt werden. Das Gesamtgewicht beträgt 1,8 kg. Der Preis für das Instrument mit Aluminiumbehalter, mit Ledertasche und Tragriemen, zweifach Revolver und einer optischen Ausrüstung bestehend aus:

Objektivdoppelsystem I a, Eigenvergrößerung 31/2- und 8fach
Objektiv 7 a, Eigenvergrößerung 60fach
Ölimmersion 1/12 Eigenvergrößerung 100fach
Okular II Eigenvergrößerung 5 fach
Okular V Eigenvergrößerung 13fach
Gesamtvergroflerung 18-1300fach = 765 Schilling.

Das Instrument wird auch ohne Olimmersion abgegeben und kostet dann 600 Schilling. Dunkelfeldkondensor, Trichterblende und Okularmikrometer werden extra berechnet.

Er fasst sein Urteil zu dem Mikroskop mit den Worten zusammen:

Dieses bis ins äußerste durchdachte Instrument hat Reinsch "Feld-Mikroskop" genannt und macht damit einen Strich gegenüber allen Behelfen, bei denen geringe Dimension mit geringer Leistung einherging. Hier haben wir: bei Gebrauch höchste Leistung, bei Transport kleinsten Raum.

In der  Fachliteratur der Zeit taucht das kleine Mikroskop immer wieder auf. So heißt es in F. Ruttner: Ein mobiles Laboratorium für limnologische Untersuchungen. (Internationale Revue der gesamten Hydrobiologie und Hydrographie 29 (1): 148-154 (1933)) in der Beschreibung eines in einem Lastkraftwagen eingebauten mobilen Labors: Für die biologische Arbeit wird das bekannte Reisemikroskop der Firma Reichert "Heimdal" benützt, das ja so gut wie keinen Raum einnimmt und sich auch für diese Zwecke wieder ausgezeichnet bewährt hat. Noch bis 1955 wird das Mikroskop Heimdal regelmäßig in den Fachzeitschriften als für die jeweiligen Vorhaben hervorragend geeignet bezeichnet.

Auslieferungsbuch von C. Reichert, Wien: Mikroskop Nr. 90766Eine Kopie dieses Reisemikroskops wird in den 1930ern als Modell MKH bzw. Kyowa von der japanischen Firma Tiyoda als Instrument für Einsatz der Feldärzte und Lazarette angeboten.

Das nur um 13 Nummern jüngere Mikroskopstativ Heimdal Nr. 90779 wird von Vertretern der Firma Reichert auf 1929 datiert und ist ausführlich beschrieben in D.B. Payne: The Reichert 'Heimdal' Field Microscope after F. K. Reinsch. Microscopy 33: 201-206 (1977).

Das hier gezeigte Mikroskop kann im Juli 2010 aus einem privaten Nachlaß in Österreich für die Sammlung erworben werden - es wird laut Auslieferungsbuch von Reichert am 25. Februar 1929 hergestellt und bereits am 27. Februar 1929 an die Bundesanstalt für Tierseuchenbekämpfung in Mödling bei Wien ausgeliefert. Diese Einrichtung wird 1910 für die Impfstoffproduktion gegründet und 1927 in Bundesanstalt für Tierseuchenbekämpfung umbenannt und behält diesen Namen bis 2002.

[Datierung mit freundlicher Unterstützung durch Renate Neuberg, Leica Microsystems Wien, 12.08.2010]



20.02.2012 by Timo Mappes

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